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Botox? Nein danke, ich altere mit Würde

06. Aug 2024Maya Onken
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Ich bin eitel! Ich schaue kritisch in den Spiegel! Ich erfreue mich an ästhetisch schönen Menschen und Kleiderzusammensetzungen und ich entsetze mich über die Falten rund um meinen Mund.

Mit 55 Jahren bin ich immer noch eine attraktive Frau. Eine reife, sportliche Frau mit etwas zu viel Gewicht, einer schönen Ausstrahlung, erstaunlich straffen Beinen und Falten um meinen Mund.

Wenn ich böse sein wollte, dann könnte man sagen, wenn Äpfel altern, dann schrumpelt die Haut so zusammen wie die um meinen Mund. Kann man da nicht was dagegen tun?

Das frage ich mich immer wieder mal, aber ohne Aktionsdrang. Meine letzte Hautärztin, zu der ich nicht mehr gehen kann, weil sie die Hautkontrolle nur macht, wenn man eine Behandlung bucht, meinte damals, ich könnte mir über Weihnachten das ganze Gesicht abschälen lassen, sehe dann einige Tage so aus, als ob man reines Fleisch zur Schau trage und sie empfehle deshalb die Spiegel zu verhängen und nicht mal die Nachbars Katze reinzulassen, aber dann wachse da frische Haut und die sähe dann jünger aus.

Meine neue Hautärztin meinte zu dem einen verdächtigen Punkt auf der Nase, einfach beobachten und wieder kommen. So in drei Monaten.

Und so kam es, dass der Hinweis einer meiner Bekannten, sie könne eine Hautärztin empfehlen, die so einiges draufhat, vor allem mit so kleinem Schnickschnack, bei mir zum rechten Zeitpunkt (die drei Monate waren um) kam. Leider fragte ich nicht nach, was sie denn mit ihren Zauberhänden so anstelle, sondern war ganz offen für die neue Bekanntschaft, zumal die Bekannte einiges jünger als 50, ihr eigentliches Alter, aussah.

An einem Montag im April ging ich also nichts Böses ahnend zu dem BERATUNGSTERMIN. So habe ich mich angemeldet. Auch wenn die Rezeptionistin meinte, der koste aber CHF 150.—und, falls ich einen Eingriff vornehme, würde der Betrag angerechnet werden, machte mich dieser Hinweis nicht hellhörig.

Da ich meine Bekannte mag, so nahm ich an, würde ich auch diese Hautärztin mögen, von der ich wissen wollte, ob der braune Punkt auf der Nase nun was Gefährliches ist und was man gegen diese Falten rund um den Mund machen könnte.

Meine Bekannte ist eine deutschsprachige Schnellsprecherin- und denkerin. Aber ich kann ihr gut folgen, zumal selbst deutschsprachig aufgewachsen, war mir die Sprache sehr geläufig und die Schnelligkeit nicht unbekannt. Aber diese Frau vor mir, diese Hautärztin, toppte alles, was ich dazu je erlebt hatte. Ich entnahm der Sprachsintflut nur noch Wortfetzen wie «Nasenpunkt …unbestimmt … weglasern … Creme drauf….aufhören, wenn aufgeplatzt ….Stirn: Botox… Wangen: Botox ….. Oberlippe: Hyaluronsäure…. Mundwinkel: Botox…..» und der Rest ging unter in Preisangeboten «Alles zusammen CHF 3’500.-…. Gutes Angebot …. CHF 2’900.- …. Wenn jetzt Botox …. Nur CHF 450.-….. hier unterschreiben.» Während dem Schwall an Informationen wechselten wir den Platz von der Liege zum Besprechungspult, wo sie mir einen Zettel hinhielt zum Unterschreiben. Normalerweise in einem Zustand von ausgewogenem Hin und Her eines Fach-Gesprächs und Austauschs hätte ich nachgefragt, was ich da unterschreibe. Sie aber ertränkte mich in Wortschwallen wie «kann schon mal eine Braue oben hängen bleiben…. Nebenwirkungen sehr ungesund …. Aber nur Pfuscher ….. bei uns passiert das nie….». Ich konnte noch stottern: «Ich überlege es mir. – Ich brauche als Dozentin meine Mimik.», als ich schon wieder auf dem Schragen sass. «Also dann spritze ich jetzt hier …. Und da…. Sie machen ja heute keinen Sport mehr.» …..»Halt « schrie ich, «doch ich unterrichte um 18.00 Uhr Salsa. Ich werde Sport machen.» Das verhinderte lediglich das eine Mittel, denn schon stach mich ihre Nadel ein paar Mal in die Stirn. Botox!

Nach fast 60 Minuten Wasserfall war ich offenbar eine Idiotin geworden, die das mit sich machen lässt. Ich war wie gelähmt. Nahm die Creme in Empfang, von der ich weder wusste, wie sie anzuwenden, noch für was sie genau gut war. Auf meiner EC-Karte wurde ein satter Betrag abgebucht und schon als ich auf den Lift wartete, spürte ich das Botox.

Wie flüssiger Beton floss es durch meine Stirnadern (an der ich übrigens null und nichts auszusetzen habe, wenn man mich vorher gefragt hätte, wo würden sie nie im Leben was ändern wollen, hätte ich gesagt: meine Stirn.) und wie Beton verhärtete es sich.

Unmittelbar stellte sich Druck in der Stirn ein. Mein ständiger Versuch, durch Mimik den Druck auszugleichen, wurde durch das Botox verhindert. Ich rief sofort die Bekannte an und fragte sie, ob man immer so überrannt, verzweifelt verhandelnd um Umsatz gierend über den Tisch gezogen wird? Und sie war sehr erstaunt und meinte, bei ihr wäre das natürlich nicht so.

Ich will die Geschichte nicht unnötig in die Länge ziehen. Auch nicht erwähnen, dass die Creme der Giftklasse A keine Etikette über Anwendung und Häufigkeit hatte, dass ich der Ärztin alle Schande schrieb und sie sich dann entschuldigte. Doch genützt hat mir das ganze nicht, da ich ab Sekunde eins durch meine Stirn eine hochgezogene Stahl-Betonwand hatte, die einerseits ständig Druck verbreitete und meine Mimik in hohem Masse einschränkte. Mehrere Akupunktur-Einheiten sollten den Abbau beschleunigen und den Druck ablassen.

Mittlerweile bin ich wieder ganz ich. Eitel immer noch. Aber geheilt. Die Falten um den Mund sehe ich nun schon fast zärtlich abends beim Reinigen der Haut entgegen. Ja, auch die gehören zu mir. Alles echt. Lieber in Würde altern als mit Botox in den Adern zu Beton gefrieren!

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